Getting Tough The Race 2015

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    • Getting Tough The Race 2015

      Wer schon einmal einen Massenstart beim Getting Tough erlebt hat, weiss das das eine durchaus aufregende Erfahrung sein kann. Treffen auf der Bleichwiese, Rennunterlagen abholen, Chip und Laufnummer befestigen.Dann feierlicher Auszug mit den Organisatoren, dem ortsansässigen Footballteam, diversen Quads (schick mit getting tough beschriftet), sowie überaus vollmundig aufspielenden Dudelsackspielern, die dem einen anderen nachfolgenden Läufer schon eine Träne in den Augenwinkel zaubern können (ob nun aus Rührung, oder wegen nicht konformen Musikgeschmackes sei denn mal dahingestellt). Und wenn man dann am Startplatz angekommen ist, geht der Spass erst so richtig los!

      Aber wie bin ich eigentlich in diese Situation gekommen?
      Nun Mitte 2014 habe ich mit Freunden angefangen für Hindernisläufe zu trainieren, damals für den Tough Mudder Norddeutschland. Damals war ein wenig Training auch an der Zeit. Mit meinen 38 Jahren brachte ich damals, bei 193 cm Körperlänge, 95 Kilo auf die Waage, viel zu viel für meinen Geschmack und definitiv mehr Fett als Muskulatur.
      Nun das Training lief gut an, so dass ich trotz einiger Rückschritte (Außenbandriss sechs Wochen vor dem Wettbewerb) im Herbst 2014 am Tough Mudder Norddeutschland teilnehmen konnte. Für alle Beteiligten ein großer Spass. :thumbsup:
      Der Hindernislaufvirus hatte sich bei mir eingenistet - ich wollte mehr! Es folgten 2015 der Xletix Rhein - Main, Mudmasters in Weeze, Xletix Mitten in Deutschland und Tough Mudder Süddeutschland. Mittlerweile war ich bei 82 Kg angekommen, meine Laufkilometer lagen in der Woche zwischen 40 und 60 und auch in Punkto Klimmzüge hatte sich einiges getan.

      Zeit einen Schritt weiter zu gehen und bevor ich noch lange darüber nachdenken konnte, hatte ich mich für den Getting Tough angemeldet. Wenn schon krass dann doch wenigstens richtig krass! Leider war von denen noch immer mit mir Trainierenden keiner bereit ebenfalls teilzunehmen. Einige waren auf Grund von Verletzungen im Training zurückgefallen, anderen war Getting Tough denn doch ein wenig zu extrem - sprich kalt. So fand ich mich an einem verregneten Freitag, den 4. Dezember allein in einem Zug in Richtung Rudolstadt wieder. Im Gepäck einiges an Laufklamotten, sowie eine nicht unbeträchtliche Menge Muffensausen. Die Organisatoren hatten es sich nicht nehmen lassen jede neue Fiesheit explizit bei facebook zu posten. Ob es nun der neue 8 Meter "Gipfelstürmer" war, die breiteren Wassergräben oder die vielen neuen Eskaladierwände, da schien für jeden was dabei zu sein. ^^ Naja, wenigstens war es nicht allzu kalt. Tagsüber lagen wir bei maximal 8° C.
      Trotz einiger Verspätungen der deutschen Bahn kam ich nach 5 Stunden Reisezeit dann endlich gegen 16: 00 Uhr in Rudolstadt an. Da ich mein Quartier noch nicht beziehen konnte, machte ich mich inklusive Gepäck auf den Weg zur Bleichwiese. Immer gut wenn man seine Rennunterlagen schon am Tag vor dem Rennen abholen kann. Glücklicherweise ist der Bahnhof in Rudolstadt nur einige hundert Meter von der Bleichwiese entfernt, so dass der Transport des Gepäcks nicht allzu sehr in Arbeit ausartete. Auf der Bleichwiese selbst war schon einiges von dem zu sehen was uns am nächsten Tag erwartete. Der "Gipfelstürmer" sah wirklich recht hoch aus, andererseits gab es alle 1 1/2 Meter doch recht breite Trittstufen. Das schien machbar zu sein. Auch personell gab es für mich einiges zu sehen. Es waren viele der Hauptorganisatoren schon auf dem Festgelände an der Arbeit. Auch der Kallinator war nicht zu übersehen.
      Hier eine Warnung an die Leute, die sich mit ihm fotografieren lassen wollen: der Mann zeigt seine Zuneigung zu den teilnehmenden Läufern gerne durch bärenmäßige Umarmungen und andere leichte Formen der körperlichen Züchtigung. blackeye
      Um eine Erfahrung reicher, holte ich mir meine Rennunterlagen im Festzelt ab. Hier lief alles sehr strukturiert und geordnet ab. Schnell hatte ich meine Startnummern, das Raceshirt, den Laufchip, sowie diverse andere Kleinigkeiten. Zeit meine Unterkunft aufzusuchen und das Gepäck loszuwerden. In Anbetracht meines knappen Budgets in Folge des nahenden Weihnachtsfest, hatte ich mich gegen ein Hotel und für eine Unterbringung in der Turnhalle der Anton-Sommer Grundschule entschieden (20 €). Im Nachhinein eine gute Wahl. Die Anton Sommer Grundschule ist nur ein paar hunder Meter von der Bleichwiese entfernt. Als ich dort ankam wurden ich und die anderen ankommenden Läufer von Charles Franzke (Gewinner von Getting Tough 2013 /Tough Guy 2014) und seinen Helfern freundlich in Empfang genommen. Dieser hatte für die Läufer die Unterkunft organisiert und ließ es sich nicht nehmen viele Läufer persönlich zu begrüßen (Sehr freundlich und ohne Bärenumarmung). Nachdem ich mein Gepäck in der Turnhalle verstaut und Isomatte sowie Schlafsack ausgerollt hatte, wollte ich nur noch Nährstoffe tanken um für den nächsten Tag auch genug Kohlenhydrate an Bord zu haben. Dies ließ sich zeitnah beim örtlichen Chinesen erledigen. Zurück in der Turnhalle erfolgte noch ein kurzer Erfahrungsaustausch mit den den anderen Läufern. Diese waren geografisch bunt gemischt aus allen Teilen der Bundesrepublik, sowie den Niederlanden vertreten. Immer wieder nett sich mit anderen "Verrückten" zu unterhalten. Relativ früh gings es ins Bett um den notwendigen Schlaf zu bekommen. Wieder erwarten konnte ich recht gut schlafen, man merkte es den Läufern an, dass sie den Getting Tough durchaus ernst nahmen. Alle waren recht leise und es schien sich auch niemand vor dem Rennen noch "die Kante geben zu wollen".
      Gut erholt wachte ich am nächsten Morgen auf. (Für mich vor einem Lauf eher ungewohnt). Jetzt hieß es in aller Ruhe die Laufklamotten anzuziehen und wieder Kalorien zu tanken. Ich hatte mich auf der Bleichwiese für das Frühstücksbuffet angemeldet (10€). Dies würde ich für die Zukunft eher nicht empfehlen. Zum einen war das Buffet erst ab 8:00 Uhr eröffnet, recht spät um wirklich ausgiebig vor einem Lauf zu essen, zudem musste man zusätzlich sehr lange anstehen, so dass ich erst gegen 08:45 Uhr an mein Brötchen kam. Glücklicherweise hatte ich mir schon in der Turnhalle die ersten Nahrungsmittel eingeworfen, so dass dies nicht ganz so sehr ins Gewicht fiel. Als dann um 09:30 Uhr der, schon oben beschriebene, Auszug der Starter erfolgte war ich auch froh, dass es endlich losging. Auf dem Startplatz angekommen wurde man eingeschworen (I ´am a champion), zwei Flugzeuge flogen über einen Hinweg und als dann die Pyrotechnik losging, erfolgte der turbulente Massenstart. Für das Rennen hatte ich mir zwei Ziele gesetzt:
      1) heil ankommen
      2) die ersten 20 km mit einem Puls von ca. 160 durchlaufen. (Ich hatte vorher ausgetestet das ich den 160ziger Puls bei einer Laufstrecke von 20 km auch halten kann)

      Dementsprechend sah ich mich nicht gezwungen am Anfang gleich volle Kanne loszurennen, ein Fehler wie sich im Nachhinein herausstellen sollte) Nach dem großen Kriechhinderniss, welches mit Flatterband und diesmal auch Stacheldraht abgespannt war (hat einigen Leuten Stücke der Laufhose gekostet), kamen die zwei Wassergräben, wie gesagt diesmal noch breiter und oben angeschrägt, so dass man nur schwer allein oben herauskam. Hier hatte ich mich bemüht meine Handschuhe möglichst trocken zu halten um auf den folgenden 20 Laufkilometern nicht auszukühlen. (Ich friere leider am ehesten an den Händen). Nachdem die Gräben mithilfe der anderen Teilnehmer überwunden waren, erfolgte ein kurzer Gedankenaustausch mit der ortsansässigen Footballmannschaft den Saalfeld Titans, welche einigen Leuten sehr nachdrücklich die Schönheit des matschigen Untergrundes nahebrachten. Glücklicherweise gab es deutlich mehr Läufer als Footballer, so dass ich um diese Sonderbehandlung herum kam. Eigentlich wäre jetzt eine Saalequerung geplant gewesen. Die musste leider ausfallen, da die Veranstalter in Folge des starken Regens der Vortage Angst hatten dass einzelne Läufer davongespült werden könnten. Stattdessen wurden wir ins Gelände umgeleitet. Dieses bestand zu unserer besonderen Freude auf den folgenden 20 KM vor allem aus massiven Anstiegen und Gefälle. Der Boden war auf Grund des Regens der Vortage extrem matschig. Immer wieder mußten Hügelketten im Zickzack hinauf und wieder hinuntergeklettert werden. Teilweise unter Zuhilfenahme von Reifen, welche zumindest den Abstieg von den Hügeln nicht unbeträchtlich beschleunigen konnten, wenn man nicht aufpasste. Ab und zu wurden kleinere Kletterhindernisse eingestreut. Immer wieder gab es auch Engstellen bei denen man nicht an seinen Vordermännern vorbeikam, sprich wenn bergauf einer nicht mehr laufen konnte, war auch die ganze Truppe dahinter gezwungen zu gehen. Spätestens jetzt merkte ich, warum am Start so viel Tempo gemacht wurde. Etwas deprimierend wenn man selber eigentlich noch schneller laufen kann, es aber nicht geht. Gelegentlich gab es Stationen für Getränke und Bananen. Gerade was das Wasser betrifft hätten es aber für meinen Geschmack noch ein oder zwei Stationen mehr sein können. Nach ca. 18 km kam man so langsam wieder in Richtung Zivilisation. Schon beim Überqueren der ersten großen Papierpyramiden konnte ich merken, dass meine Beinmuskulatur auch schon bessere Tage gesehen hatte, so langsam wurde es schmerzhaft, auch wenn ich nicht zu Krämpfen neige. An der Sturmbahn angekommen galt es den Wassergraben diesmal der Länge nach zu queren. Ab dem Graben fühlte es sich für mich so an als wenn ich auf Stümpfen laufe, kein Gefühl mehr in den Füßen. Aber konditionell ging es mir noch ganz gut, so nutzte ich die breite Sturmbahn um Plätze gut zumachen. Klettern, Sandsäcke tragen, hangeln,über kleinere Gräben springen, zu diesem Zeitpunkt lief es eigentlich ganz gut. Bis ich zum Schwimmbad kam...
      Ich hatte den famosen Fehler gemacht auf Grund der warmen Temperaturen meine Silikonbadekappe nicht mitzunehmen. Unglücklicherweise schienen die warmen Temperaturen des Tages das Schwimmbad nicht wirklich aufzuheizen, was ja eigentlich auch logisch ist. Wer meint, dass der kurze Aufenthalt im Arctic Enema beim Tough Mudder in irgendeiner Form mit dem Hindurchtauchen des Schwimmbades beim Getting Tough vergleichbar ist, kann es ja mal selber ausprobieren. Hier half nur Augen zu und durch. Bloss keine zu großen Pausen zwischen den Stämmen machen, damit man schnell wieder aus dem Wasser kam.
      Nur das man eigentlich ab diesem Zeitpunkt aus dem Wasser nicht mehr raus kam. X(
      Sei es das sich anschließende Hangeln über das zweite Becken (Platsch nach 3/4 der Strecke), oder die diversen mit Wasser gefüllten Container, die man überqueren musste. Jetzt kam es knüppeldicke. Immer wieder klettern, hangeln, kriechen. Kaum noch Gefühl in den Fingern. Offenbar ging es entweder bei jedem vierten Hindernis direkt ins Wasser (z.B. Reifenstapel in der Saale) oder das Hindernis war vom THW mit Schläuchen ausgestattet worden, die das kalte Wasser direkt wieder über unseren Köpfen versprühte. Wenn man gerade nicht im Wasser war durfte man unter Betonhindernissen durchkrabbeln, nur das unter diesen Hindernissen kein Sand lag, sondern daumendicke Kieselsteine. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir auch ein Kletterhindernis bei dem man erst einige Meter an einem Baugerüst in die Höhe klettern durfte um sich dann im Anschluss mehrfach zu entscheiden, ob man an einer Feuerwehrstange 2 1/2 Meter herunterruscht oder ein extrem wabbeliges Netzt wieder herunterklettert. An sich kein besonderes Problem, aber wenn man auf Grund der Kälte kaum noch Gefühl in den Fingern und Füßen hat, bekommt dieses Hindernis einen besonderen Reiz. fie
      Auch die vielen Läufer die zwischen den Hindernissen pausieren mussten, da sie gerade einen Krampf hatten trugen auf den letzten Kilometern nicht unbeträchtlich zum herben Charme von Getting Tough bei. Immer wieder half man sich untereinander, nie habe ich jemanden unfreundlich oder patzig erlebt.



      Als ich nach 3 Stunden 51 Minuten und 26 Sekunden im Ziel ankam, war ich mir über zwei Sachen ganz sicher:
      1) Das wird der größte Muskelkater meines Lebens
      2) Noch nie war ich in besserer Gesellschaft

      Zum Schluss noch ein kleiner wichtiger Tipp von mir:
      Wenn Ihr beim Getting Tough mitlauft, sorgt dafür das Ihr jemanden dabei habt, der euch den Doppelknoten an den Laufschuhen nach dem Lauf aufschnürt. Ich selber habe so gezittert, dass ich 10 Minuten dazu benötigt habe.

      Wir sehen uns 2016 - spätestens am 3. Dezember in Rudolstadt
      santa
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      When the storm breaks, some are dumb with terror and some spread their wings like eagles and soar. airborne

      Dieser Beitrag wurde bereits 5 mal editiert, zuletzt von Creasy Bear ()

    • Boah was für´n Bericht! Vielen Dank dafür :thumbup:
      Ich muss gestehen, auch ich hatte mit dem Gedanken gespielt, Getting Tough zu laufen, der Mut reichte dieses Jahr allerdings noch nicht. Auch ich habe an meiner Leidensfähigkeit was die Kälte anbelangt sehr gezweifelt.
      Wenn ich Deinen Bericht so lese (das Beispiel mit den Schnürsenkeln war wirklich sehr gut gewählt), dann bestätigt er auch meine Befürchtungen ;)

      Ich gratuliere Dir herzlich für das Finish bei dem (was ich bisher gehört habe) wirklich härtesten Lauf Deutschlands. :thumbsup: Das kann sich echt sehen lassen und ist die Königsdisziplin für jeden Hindernisläufer, denke ich.

      Du hast mich mit Deinem Bericht motiviert den Start kommendes Jahr auch zu wagen, sozusagen als Abschluss der Saison!

      Vielen Dank nochmal für´s Teilen mit uns,
      Uwe
    12 Wochen Griffkraft Trainingsplan für Hindernisläufer

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