Für uns als OCR Läufer gehört der Tough Guy zu den Rennen die man einmal im Leben gemacht haben sollte, so zumindest meine Empfindung. Ich erinnere mich noch gut an eine Reportage die vor mehr als zehn Jahren über den ToughGuy in unseren Medien ausgestrahlt wurde. Die Kernbotschaft war damals „Was sind das für verrückte Menschen die sich das antun?“! Eine bessere Einladung für dieses Event gibt es doch nicht, oder?
Ich habe die Bilder auf alle Fälle noch genau im Kopf und sie haben mich die ganzen Jahre über nichtmehr losgelassen. Als ich dann lesen musste, dass 2017 nach 30 Jahren Tough Guy Schluss sein soll, gab es keine Alternative mehr für mich. Auf nach Wolverhampton!
Der Tough Guy kurz und knapp
Seit 1987, also seit genau 30 Jahren findet der Tough Guy immer am letzten Januarwochenende in dem Städtchen Wolverhampton, etwa 45 Minuten mit dem Auto von Birmingham entfernt, statt. Um diese Jahreszeit ist in den englischen Midlands alles möglich. Temperaturen weit unter Null Grad sind nichts Ungewöhnliches, Regen, Schnee und Wind und so mancher Topläufer musste sich auch mal durch Eis auf den Gewässern des Tough Guy - Geländes durchkämpfen. Dieses hat eine Größe von ungefähr 150 Hektar und sein Herz sind die sogenannten "Killing Fields", welche die größten uns spektakulärsten Hindernisse beinhaltet und ein beliebter Ort für die zahlreichen Zuschauer sind. Das Gelände in Wolverhampton ist das einzige OCR-Gelände mit stetig installierten Hindernissen die nicht abgebaut werden. Zumindest war das die letzten dreißig Jahre so. Nach Ankündigung des Veranstalters soll 2017, wie bereits geschrieben, der letzte "original Tough Guy" sein. Die Zukunft des Geländes ist unsicher. Die gute Seele (Mr. Mouse) hat die 80 Jahre weit überschritten und so ist es verständlich, dass sich der gute Mann langsam von solch einer intensiven Veranstaltung verabschieden möchte. Mr. Mouse mit seinem typischen Zwirbelbart wird jedem OCR Läufer in Erinnerung bleiben und definitiv als DER OCR-Pionier in die Sportgeschichte eingehen. Wir alle haben ihm viel zu verdanken und für mich ist er einer gewesen der voran gegangen ist und nicht nur in bestehende Fußstapfen getreten hat. Ich freue mich, ihn persönlich zu sehen!
Erlebnisbericht Tough Guy 2017
Wir haben unser Hotel bezogen und erreichen am Samstag, also einen Tag vor dem Rennen das Gelände des Tough Guy. Wir möchten uns registrieren und unsere Startunterlagen abholen und dann mit "Beefcake", einem Tough Guy erfahrenen, deutschen OCR´ler, eine Geländebesichtigung machen. Als wir das Gelände des Tough guy das erste Mal betreten ist es einfach nur atemberaubend! Hier ist alles groß, weit, hügelig und alt, sehr alt!
Das gesamte Gelände, die hölzernen Gebäude, die aufgestellten Flaggen und die majestätischen Hindernisse strahlen eine Erhabenheit und gleichzeitig die Warnung "Hier wird Dir nichts geschenkt, außer Ehrlichkeit und Natürlichkeit" aus. Wir kennen alle die Bilder des gigantischen "Tiger"-Hindernisses, aber dieses Ungetüm schon von Weitem zu sehen ist fantastisch! Natürlich ist der Tiger nicht alleine. Insgesamt 21 große Ungetüme stehen auf dem Gelände und lassen jedem OCRler das Blut in den Adern gefrieren.
Voller Respekt und etwas gedankenverloren schlendern wir über das Gelände und sind beeindruckt von den vielen Leuten die hier bereits einen Tag vor dem Rennen sind und genau wie wir gefesselt von der Atmosphäre wurden. Hier sind hunderte Menschen, die Souvenierstände haben bereits offen, es gibt Burger- und andere Essenswagen und es herrscht so etwas wie "gedämpfte Volksfestatmosphäre". Gedämpft deshalb, weil jeder Tough Guy in spe mit einem etwas mulmigen Gefühl herumläuft.
Und dann sehen wir ihn, den legendären Mr. Mouse. Ganz tapfer macht er mit den Gästen Fotos und behält trotz seines hohen Alters immer die Haltung. Für jeden hat er ein freundliches Wort und ich bewundere die Geduld mit der er hunderte, tausende Fotos von sich machen lässt. Auch ich lasse mir das natürlich nicht entgehen.
Über dieses Bild freue ich mich wirklich, denn in meinen Augen hat er uns den wundervollen OCR Sport geschenkt und dafür bin ich dankbar.
Die Registrierung ist bis auf den "Death Warrant" unspektakulär. Habt ihr schon einmal eine Haftungsbefreiung unterzeichnet die "Todesurteil" heißt? Wir haben das in Wolverhampton beim Tough Guy tun müssen.
Wir erhalten eine einfache Startnummer, vier Sicherheitsnadeln und das war´s! Beim Tough guy ist alles einfach gehalten, kein Schnickschnack. Es gibt keinen Zeitmesschip oder so etwas. Die Läufer werden manuell im Ziel ihren Zeiten zugeordnet, nachdem sie gemeinsam einen Massenstart hingelegt haben. Beefcake ist ein super Typ, aber er macht uns während der Führung Angst! Er hat dutzende Geschichten aus vergangenen Jahren zu erzählen und die sind nicht nur sehr spannend, sie sind auch respekteinflößend! Trotzdem lohnt sich ein solcher Rundgang, denn man bekommt einen guten Eindruck von dem was einen an Hindernissen auf den Killing Fields erwartet.
Wir verlassen das Gelände und nun beginnt das quälend lange Warten auf morgen, das Warten auf den Start! Neben Mike aus dem Happy Spartans Team bin ich total happy, dass ich Steffi und Stefan wieder an meiner Seite habe. Die Beiden sind total klasse! Ich habe selten so hilfsbereite Menschen erlebt die ständig eine so gute Laune versprühen. Wir kennen uns bereits von der WM in Kanada und bereits da hatte ich sie schätzen gelernt. @Steffi, Stefan: Vielen Dank für eure Mühe, Organisation und vor allem das Fahren des Mietautos! Auf der linken Seite zu fahren hätte mich fertig gemacht!
Doch auch der Rest unserer Gruppe war genial und bitte seht es mir nach, wenn ich euch nicht alle einzeln erwähnen kann! Christian wohnt eigentlich in Mexico City und ist extra zum Tough Guy angereist. Respekt dafür. Christian ist ein angenehmer Zeitgenosse und ein hervorragender Sportler. Das trifft auch auf Andre Schmidt zu. Der Mann hat einen Humor der voll auf meiner Wellenlänge liegt, einfach super! Und auch all die Anderen OCRler in unserer Gruppe waren einfach unglaublich nett. Es gab niemanden mit dem ich nicht jederzeit wieder eine OCR-Reise unternehmen würde.
In dieser Nacht schlafe ich sehr unruhig und bin deshalb bereits um 5 Uhr wieder wach. Um 07:30 Uhr frühstücken wir und dann geht´s endlich ab zum Tough Guy! Auf zum Start! Nach verkehrstechnischen Verzögerungen erreichen wir das Gelände genau um 11:00 Uhr (also zum ausgeschriebenen Start) und freuen uns, dass der Start um eine halbe Stunde nach hinten verlegt wurde. So können wir noch unsere Sachen (Wechselklamotten etc.) in einer Scheune ablegen und uns dann in unseren Block "Wetnecks", also ganz hinten beim Massenstart begeben. Was nun folgt ist einmalig!
Wir stehen eigentlich hinter dem Starthügel, können also nicht alles sehen. Aber auf einmal schießt eine Kanone laut ihre Ladung ab, ohrenbetäubender Lärm und alle rennen los! Das ist unglaublich! Über 5000 Menschen rennen auf einmal los! Die Ghost Warriors des Rennens stehen mit muskulösen, freien und bemalten Oberkörpern wie Felsen in der Menschenbrandung und werfen Rauchbomben in unterschiedlichsten Farben in die Menge. Überall Rauch, überall Menschen und überall ein lauter "Tough Guy" Chor! Die Läufer aus den vorderen Startreihen verschwinden im Rauch der Killing Fields und auch wir bewegen uns mit der Menschenmasse ins Rennen.
Mike fängt an zu überholen, aber das ist wie Slalomlaufen! Auch ich fange an zu überholen, aber erst später als die Strecke breiter wird. Doch da ist es schon zu spät. Tausende Menschen stehen schon bei den Rabbit Hills und bewegen sich mehr gehend als laufend als lange Menschenkette die Hügelkette hinauf, dann auf schlammigem Untergrund wieder hinunter, wieder hinauf, wieder hinunter und das Ganze dutzende Male! Menschen stolpern, fallen, reißen andere Läufer um, stehen wieder auf und machen weiter! Es ist unglaublich und das Rennen hat noch gar nicht richtig angefangen.
Irgendwann haben wir die Rabbit Hills geschafft, nun geht es auf einen flachen, extrem sumpfigen Laufparcour, gespickt mit hüfthohen Seen die durchwatet werden müssen entlang. Das Wasser ist eiskalt und hat vielleicht einen Grad über Null. Es fühlt sich an, als würden feine Nadelspitzen in die Haut stechen. Daran müssen wir uns gewöhnen, denke ich. Das ist erst der kleine Anfang. Weiter geht´s, watend durch einen Bach der eigentlich ein Schlammgraben mit 20cm Wasser auf dem Schlamm ist. Dort müssen wir ca. eineinhalb Kilometer durchwaten, immer wieder unterbrochen durch Holzhindernisse die wir überwinden müssen. Das ist alles nicht schwer, raubt aber sehr viel Kraft, vor allem der schwere Schlamm. Im Wald warten dutzende, schwere Netze unter denen man kriechen muss auf uns, mittlerweile regnet es in Strömen. Die Netze haben sich mit Wasser vollgesogen und liegen schwer auf unseren Rücken. Und es sind viele, sehr viele!
Als ich ein weiteres der (gefühlt) 50 Holzhindernisse übersteige sehe ich in die Richtung der Killing Fields! Überall Rauch, überall Menschenketten und überall die riesigen Hindernis-Ungetüme! Das steht uns also bevor. Ich ahne, dass das Rennen erst beginnt, obwohl wir laut meines Trackers schon 8 Kilometer hinter uns haben.
Ich kämpfe mich langsam voran und endlich begrüßt mich der Tiger auf den Killing Fields! Rauf auf das Ding, auf der anderen Seite wieder hinunter, willkommen auf den Killing Fields! Jetzt geht´s richtig ab! Überall ist Schlamm, überall ist Wasser und überall lauern Hindernisse. Stellt euch ca. zwei Meter tiefe Gräben vor, halb mit Wasser und Schlamm gefüllt und den Aushub so aufgeschüttet, dass man diesen hochklettern muss um in den nächsten Graben zu gelangen. Es ist extrem rutschig und man steckt teilweise bis zur Hüfte im Schlamm und kann die Füße kaum herausziehen. Ich kämpfe mich durch den ersten Graben, bin glücklich oben angekommen zu sein und realisiere erste da, dass weitere 20 von diesen Gräben auf mich warten! Ich kämpfe mich durch die nächsten Beiden durch, meine Beine sind bereits sehr schwer. Um mich herum schreien die Menschen und werden von den Medicals mit schweren Krämpfen herausgezogen. Bitte kein Krampf, ist mein größter Wunsch. Natürlich ist es kalt und nass aber ein Krampf würde das Rennen vorzeitig beenden, denn vor uns liegt immer noch die Hölle. Ich kämpfe mich weiter und habe nach ca. einer dreiviertel Stunde die Gräben geschafft. Wirklich? Nein! Nur den ersten Parcour mit den Gräben. Es soll noch ein Weiterer folgen.
Ganz ehrlich, ich bin im Tunnel drin. Ich spüre keine Kälte, keinen Schmerz und ich höre kaum etwas (kann an meiner Neoprenkappe liegen). Neben mir werden Leute mit Erfrierungen und Unterkühlung herausgezogen. Die Medicals sind sehr aufmerksam, das muss man sagen. Ich kämpfe mich über Seile, hangele mich an Reifen entlang, krieche in eine Betonröhre die so eng ist, dass ich meine Ellenbogen seitlich nicht benutzen kann. Ich muss mich nach Vorne ziehen, was sehr anstrengend ist.
Neben mir weint ein Kollege. Ich sehe, dass sein Fuß am Knöchel extrem dick ist. Ich vermute einen Bruch. Erst laufe ich weiter weil die Medicals in der Nähe sind, aber dann gehe ich zurück. Er kommt aus Holland und kann mit dem linken Bein nicht auftreten, wünscht sich aber unbedingt das Finish, trotz Schmerzen. Ich stütze ihn und zu Zweit machen wir uns wieder auf den Weg, weiter durch die Killing Fields. Nun geht alles viel langsamer, aber wir kriechen durch den Tunnel mit den Stromkabeln, die Vietkong-Röhren hinauf, balancieren über Holzbalken, tauchen unter Baumstämmen kämpfen uns Hindernis für Hindernis weiter. Wir können nur wenig miteinander reden, zu groß ist die Müdigkeit aber auf einmal sehe ich, dass bei dem holländischen Kollegen die Augen größer werden und sein ganzes Gesicht strahlt. Wir sind am letzten Hindernis vor dem Ziel angekommen. Ich schiebe ihn eine Rutsche nach oben, dann geht es ins Ziel. Er sinkt zusammen, weint vor Glück, bekommt seine Medaille und wird von den Medicals abgeholt. Ich posiere mit Medaille für ein Foto und bin einfach nur happy. Krasser Sch..... war das heftig!
Die Medaille ist einmalig! Es ist die anniversery Medaille zu Ehren von Mr. Mouse. Ich bin so froh und glücklich dabei gewesen zu sein!
Seht es mir nach, wenn ich an der Stelle erwähnen muss, dass ich auch stolz bin, zahlreiche Hindernisse für unsere Aktion "Legend of OCR" erkämpft zu haben! Diesmal war jedes der 200 Hindernisse mehr als verdient!
Fazit
Ich hatte noch nie ein Rennen bei dem ich nicht in der Lage war die Eindrücke an einem Tag zu verarbeiten. Doch genau das ist mir beim Tough Guy 2017 passiert. Jeden Tag, eigentlich jeden Augenblick erinnere ich mich wieder an etwas anderes, an Details, Empfindungen und Menschen au der Strecke. Dieses Rennen hat ein Flair das ich noch nie erlebt habe. Auf dem Gelände wohnt eine komische Stimmung die irgendwie unnatürlich ist. Man merkt die lange Tradition und man merkt die Unverfälschtheit. Die Veranstalter machen das nicht um es den Läufern bequem zu machen oder ihnen zu gefallen und sie legen es nicht darauf an, dass die Läufer wieder kommen. Ins Ziel kommen nur Leute die bereit waren zu leiden, sich durchzukämpfen und diese paar Stunden alles geben. Ich werde dieses Rennen vermissen, bin aber sehr froh zumindest einmal dabei gewesen zu sein! Das war ein Tag von dem ich hoffe, dass ich eines Tages meinen Enkeln davon erzählen kann. Nicht von mir, sondern von allen Tough Guys, von der Kälte, von den Schmerzen, von dem Schlamm, aber auch von der Freude, dem Stolz...und von Mr. Mouse!
Wie geht es nun weiter mit dem Tough Guy?
"Der Tough Guy ist tot, aber lang leben die Mr. Mouse Nachfolgeevents!!!"
Eine Woche nach dem letzten Tough Guy war auf der Website zu lesen, wie es nun weitergehen wird. Dort heißt es (grob übersetzt):
"Wir werden nun wieder zum Ursprung gehen warum der Tough Guy® veranstaltet wurde, Geld für Wohltätigkeitszwecke zu sammeln und verlassen damit die kommerzielle OCR-Welt.
Wir werden nun die Mr Mouse Fundraising Events and Training Days auf dem originalen Tough Guy® Course veranstalten um damit Kindern und anderen Benachteiligten zu helfen.
Der Kurs wird weiterhin auf den original Tough Guy Killing Fields sein und die originalen Hindernisse, einschließlich Wasserhindernisse bei allen Events beinhalten. Wir werden die Hindernisse jedoch so anpassen, dass jeder diese innerhalb des Time Limits überwinden kann. Die lange Laufstrecke mit den Rabbit Hills etc. werden gestrichen, so dass die künftigen Rennen kürzer und Hindernis-basiert sind.
Jetzt bauen wir zusätzliche, 15-20 extreme, fast unmögliche Hindernisse um die Mainstream Fernsehsender für das weltweit tougheste OCR Rennen am 2. Juli 2017 zu gewinnen."
Folgende Events sind nun geplant:
Ich habe die Bilder auf alle Fälle noch genau im Kopf und sie haben mich die ganzen Jahre über nichtmehr losgelassen. Als ich dann lesen musste, dass 2017 nach 30 Jahren Tough Guy Schluss sein soll, gab es keine Alternative mehr für mich. Auf nach Wolverhampton!
Der Tough Guy kurz und knapp
Seit 1987, also seit genau 30 Jahren findet der Tough Guy immer am letzten Januarwochenende in dem Städtchen Wolverhampton, etwa 45 Minuten mit dem Auto von Birmingham entfernt, statt. Um diese Jahreszeit ist in den englischen Midlands alles möglich. Temperaturen weit unter Null Grad sind nichts Ungewöhnliches, Regen, Schnee und Wind und so mancher Topläufer musste sich auch mal durch Eis auf den Gewässern des Tough Guy - Geländes durchkämpfen. Dieses hat eine Größe von ungefähr 150 Hektar und sein Herz sind die sogenannten "Killing Fields", welche die größten uns spektakulärsten Hindernisse beinhaltet und ein beliebter Ort für die zahlreichen Zuschauer sind. Das Gelände in Wolverhampton ist das einzige OCR-Gelände mit stetig installierten Hindernissen die nicht abgebaut werden. Zumindest war das die letzten dreißig Jahre so. Nach Ankündigung des Veranstalters soll 2017, wie bereits geschrieben, der letzte "original Tough Guy" sein. Die Zukunft des Geländes ist unsicher. Die gute Seele (Mr. Mouse) hat die 80 Jahre weit überschritten und so ist es verständlich, dass sich der gute Mann langsam von solch einer intensiven Veranstaltung verabschieden möchte. Mr. Mouse mit seinem typischen Zwirbelbart wird jedem OCR Läufer in Erinnerung bleiben und definitiv als DER OCR-Pionier in die Sportgeschichte eingehen. Wir alle haben ihm viel zu verdanken und für mich ist er einer gewesen der voran gegangen ist und nicht nur in bestehende Fußstapfen getreten hat. Ich freue mich, ihn persönlich zu sehen!
Erlebnisbericht Tough Guy 2017
Wir haben unser Hotel bezogen und erreichen am Samstag, also einen Tag vor dem Rennen das Gelände des Tough Guy. Wir möchten uns registrieren und unsere Startunterlagen abholen und dann mit "Beefcake", einem Tough Guy erfahrenen, deutschen OCR´ler, eine Geländebesichtigung machen. Als wir das Gelände des Tough guy das erste Mal betreten ist es einfach nur atemberaubend! Hier ist alles groß, weit, hügelig und alt, sehr alt!
Das gesamte Gelände, die hölzernen Gebäude, die aufgestellten Flaggen und die majestätischen Hindernisse strahlen eine Erhabenheit und gleichzeitig die Warnung "Hier wird Dir nichts geschenkt, außer Ehrlichkeit und Natürlichkeit" aus. Wir kennen alle die Bilder des gigantischen "Tiger"-Hindernisses, aber dieses Ungetüm schon von Weitem zu sehen ist fantastisch! Natürlich ist der Tiger nicht alleine. Insgesamt 21 große Ungetüme stehen auf dem Gelände und lassen jedem OCRler das Blut in den Adern gefrieren.
Voller Respekt und etwas gedankenverloren schlendern wir über das Gelände und sind beeindruckt von den vielen Leuten die hier bereits einen Tag vor dem Rennen sind und genau wie wir gefesselt von der Atmosphäre wurden. Hier sind hunderte Menschen, die Souvenierstände haben bereits offen, es gibt Burger- und andere Essenswagen und es herrscht so etwas wie "gedämpfte Volksfestatmosphäre". Gedämpft deshalb, weil jeder Tough Guy in spe mit einem etwas mulmigen Gefühl herumläuft.
Und dann sehen wir ihn, den legendären Mr. Mouse. Ganz tapfer macht er mit den Gästen Fotos und behält trotz seines hohen Alters immer die Haltung. Für jeden hat er ein freundliches Wort und ich bewundere die Geduld mit der er hunderte, tausende Fotos von sich machen lässt. Auch ich lasse mir das natürlich nicht entgehen.
Über dieses Bild freue ich mich wirklich, denn in meinen Augen hat er uns den wundervollen OCR Sport geschenkt und dafür bin ich dankbar.
Die Registrierung ist bis auf den "Death Warrant" unspektakulär. Habt ihr schon einmal eine Haftungsbefreiung unterzeichnet die "Todesurteil" heißt? Wir haben das in Wolverhampton beim Tough Guy tun müssen.
Wir erhalten eine einfache Startnummer, vier Sicherheitsnadeln und das war´s! Beim Tough guy ist alles einfach gehalten, kein Schnickschnack. Es gibt keinen Zeitmesschip oder so etwas. Die Läufer werden manuell im Ziel ihren Zeiten zugeordnet, nachdem sie gemeinsam einen Massenstart hingelegt haben. Beefcake ist ein super Typ, aber er macht uns während der Führung Angst! Er hat dutzende Geschichten aus vergangenen Jahren zu erzählen und die sind nicht nur sehr spannend, sie sind auch respekteinflößend! Trotzdem lohnt sich ein solcher Rundgang, denn man bekommt einen guten Eindruck von dem was einen an Hindernissen auf den Killing Fields erwartet.
Wir verlassen das Gelände und nun beginnt das quälend lange Warten auf morgen, das Warten auf den Start! Neben Mike aus dem Happy Spartans Team bin ich total happy, dass ich Steffi und Stefan wieder an meiner Seite habe. Die Beiden sind total klasse! Ich habe selten so hilfsbereite Menschen erlebt die ständig eine so gute Laune versprühen. Wir kennen uns bereits von der WM in Kanada und bereits da hatte ich sie schätzen gelernt. @Steffi, Stefan: Vielen Dank für eure Mühe, Organisation und vor allem das Fahren des Mietautos! Auf der linken Seite zu fahren hätte mich fertig gemacht!
Doch auch der Rest unserer Gruppe war genial und bitte seht es mir nach, wenn ich euch nicht alle einzeln erwähnen kann! Christian wohnt eigentlich in Mexico City und ist extra zum Tough Guy angereist. Respekt dafür. Christian ist ein angenehmer Zeitgenosse und ein hervorragender Sportler. Das trifft auch auf Andre Schmidt zu. Der Mann hat einen Humor der voll auf meiner Wellenlänge liegt, einfach super! Und auch all die Anderen OCRler in unserer Gruppe waren einfach unglaublich nett. Es gab niemanden mit dem ich nicht jederzeit wieder eine OCR-Reise unternehmen würde.
In dieser Nacht schlafe ich sehr unruhig und bin deshalb bereits um 5 Uhr wieder wach. Um 07:30 Uhr frühstücken wir und dann geht´s endlich ab zum Tough Guy! Auf zum Start! Nach verkehrstechnischen Verzögerungen erreichen wir das Gelände genau um 11:00 Uhr (also zum ausgeschriebenen Start) und freuen uns, dass der Start um eine halbe Stunde nach hinten verlegt wurde. So können wir noch unsere Sachen (Wechselklamotten etc.) in einer Scheune ablegen und uns dann in unseren Block "Wetnecks", also ganz hinten beim Massenstart begeben. Was nun folgt ist einmalig!
Wir stehen eigentlich hinter dem Starthügel, können also nicht alles sehen. Aber auf einmal schießt eine Kanone laut ihre Ladung ab, ohrenbetäubender Lärm und alle rennen los! Das ist unglaublich! Über 5000 Menschen rennen auf einmal los! Die Ghost Warriors des Rennens stehen mit muskulösen, freien und bemalten Oberkörpern wie Felsen in der Menschenbrandung und werfen Rauchbomben in unterschiedlichsten Farben in die Menge. Überall Rauch, überall Menschen und überall ein lauter "Tough Guy" Chor! Die Läufer aus den vorderen Startreihen verschwinden im Rauch der Killing Fields und auch wir bewegen uns mit der Menschenmasse ins Rennen.
Mike fängt an zu überholen, aber das ist wie Slalomlaufen! Auch ich fange an zu überholen, aber erst später als die Strecke breiter wird. Doch da ist es schon zu spät. Tausende Menschen stehen schon bei den Rabbit Hills und bewegen sich mehr gehend als laufend als lange Menschenkette die Hügelkette hinauf, dann auf schlammigem Untergrund wieder hinunter, wieder hinauf, wieder hinunter und das Ganze dutzende Male! Menschen stolpern, fallen, reißen andere Läufer um, stehen wieder auf und machen weiter! Es ist unglaublich und das Rennen hat noch gar nicht richtig angefangen.
Irgendwann haben wir die Rabbit Hills geschafft, nun geht es auf einen flachen, extrem sumpfigen Laufparcour, gespickt mit hüfthohen Seen die durchwatet werden müssen entlang. Das Wasser ist eiskalt und hat vielleicht einen Grad über Null. Es fühlt sich an, als würden feine Nadelspitzen in die Haut stechen. Daran müssen wir uns gewöhnen, denke ich. Das ist erst der kleine Anfang. Weiter geht´s, watend durch einen Bach der eigentlich ein Schlammgraben mit 20cm Wasser auf dem Schlamm ist. Dort müssen wir ca. eineinhalb Kilometer durchwaten, immer wieder unterbrochen durch Holzhindernisse die wir überwinden müssen. Das ist alles nicht schwer, raubt aber sehr viel Kraft, vor allem der schwere Schlamm. Im Wald warten dutzende, schwere Netze unter denen man kriechen muss auf uns, mittlerweile regnet es in Strömen. Die Netze haben sich mit Wasser vollgesogen und liegen schwer auf unseren Rücken. Und es sind viele, sehr viele!
Als ich ein weiteres der (gefühlt) 50 Holzhindernisse übersteige sehe ich in die Richtung der Killing Fields! Überall Rauch, überall Menschenketten und überall die riesigen Hindernis-Ungetüme! Das steht uns also bevor. Ich ahne, dass das Rennen erst beginnt, obwohl wir laut meines Trackers schon 8 Kilometer hinter uns haben.
Ich kämpfe mich langsam voran und endlich begrüßt mich der Tiger auf den Killing Fields! Rauf auf das Ding, auf der anderen Seite wieder hinunter, willkommen auf den Killing Fields! Jetzt geht´s richtig ab! Überall ist Schlamm, überall ist Wasser und überall lauern Hindernisse. Stellt euch ca. zwei Meter tiefe Gräben vor, halb mit Wasser und Schlamm gefüllt und den Aushub so aufgeschüttet, dass man diesen hochklettern muss um in den nächsten Graben zu gelangen. Es ist extrem rutschig und man steckt teilweise bis zur Hüfte im Schlamm und kann die Füße kaum herausziehen. Ich kämpfe mich durch den ersten Graben, bin glücklich oben angekommen zu sein und realisiere erste da, dass weitere 20 von diesen Gräben auf mich warten! Ich kämpfe mich durch die nächsten Beiden durch, meine Beine sind bereits sehr schwer. Um mich herum schreien die Menschen und werden von den Medicals mit schweren Krämpfen herausgezogen. Bitte kein Krampf, ist mein größter Wunsch. Natürlich ist es kalt und nass aber ein Krampf würde das Rennen vorzeitig beenden, denn vor uns liegt immer noch die Hölle. Ich kämpfe mich weiter und habe nach ca. einer dreiviertel Stunde die Gräben geschafft. Wirklich? Nein! Nur den ersten Parcour mit den Gräben. Es soll noch ein Weiterer folgen.
Ganz ehrlich, ich bin im Tunnel drin. Ich spüre keine Kälte, keinen Schmerz und ich höre kaum etwas (kann an meiner Neoprenkappe liegen). Neben mir werden Leute mit Erfrierungen und Unterkühlung herausgezogen. Die Medicals sind sehr aufmerksam, das muss man sagen. Ich kämpfe mich über Seile, hangele mich an Reifen entlang, krieche in eine Betonröhre die so eng ist, dass ich meine Ellenbogen seitlich nicht benutzen kann. Ich muss mich nach Vorne ziehen, was sehr anstrengend ist.
Neben mir weint ein Kollege. Ich sehe, dass sein Fuß am Knöchel extrem dick ist. Ich vermute einen Bruch. Erst laufe ich weiter weil die Medicals in der Nähe sind, aber dann gehe ich zurück. Er kommt aus Holland und kann mit dem linken Bein nicht auftreten, wünscht sich aber unbedingt das Finish, trotz Schmerzen. Ich stütze ihn und zu Zweit machen wir uns wieder auf den Weg, weiter durch die Killing Fields. Nun geht alles viel langsamer, aber wir kriechen durch den Tunnel mit den Stromkabeln, die Vietkong-Röhren hinauf, balancieren über Holzbalken, tauchen unter Baumstämmen kämpfen uns Hindernis für Hindernis weiter. Wir können nur wenig miteinander reden, zu groß ist die Müdigkeit aber auf einmal sehe ich, dass bei dem holländischen Kollegen die Augen größer werden und sein ganzes Gesicht strahlt. Wir sind am letzten Hindernis vor dem Ziel angekommen. Ich schiebe ihn eine Rutsche nach oben, dann geht es ins Ziel. Er sinkt zusammen, weint vor Glück, bekommt seine Medaille und wird von den Medicals abgeholt. Ich posiere mit Medaille für ein Foto und bin einfach nur happy. Krasser Sch..... war das heftig!
Die Medaille ist einmalig! Es ist die anniversery Medaille zu Ehren von Mr. Mouse. Ich bin so froh und glücklich dabei gewesen zu sein!
Seht es mir nach, wenn ich an der Stelle erwähnen muss, dass ich auch stolz bin, zahlreiche Hindernisse für unsere Aktion "Legend of OCR" erkämpft zu haben! Diesmal war jedes der 200 Hindernisse mehr als verdient!
Fazit
Ich hatte noch nie ein Rennen bei dem ich nicht in der Lage war die Eindrücke an einem Tag zu verarbeiten. Doch genau das ist mir beim Tough Guy 2017 passiert. Jeden Tag, eigentlich jeden Augenblick erinnere ich mich wieder an etwas anderes, an Details, Empfindungen und Menschen au der Strecke. Dieses Rennen hat ein Flair das ich noch nie erlebt habe. Auf dem Gelände wohnt eine komische Stimmung die irgendwie unnatürlich ist. Man merkt die lange Tradition und man merkt die Unverfälschtheit. Die Veranstalter machen das nicht um es den Läufern bequem zu machen oder ihnen zu gefallen und sie legen es nicht darauf an, dass die Läufer wieder kommen. Ins Ziel kommen nur Leute die bereit waren zu leiden, sich durchzukämpfen und diese paar Stunden alles geben. Ich werde dieses Rennen vermissen, bin aber sehr froh zumindest einmal dabei gewesen zu sein! Das war ein Tag von dem ich hoffe, dass ich eines Tages meinen Enkeln davon erzählen kann. Nicht von mir, sondern von allen Tough Guys, von der Kälte, von den Schmerzen, von dem Schlamm, aber auch von der Freude, dem Stolz...und von Mr. Mouse!
Wie geht es nun weiter mit dem Tough Guy?
"Der Tough Guy ist tot, aber lang leben die Mr. Mouse Nachfolgeevents!!!"
Eine Woche nach dem letzten Tough Guy war auf der Website zu lesen, wie es nun weitergehen wird. Dort heißt es (grob übersetzt):
"Wir werden nun wieder zum Ursprung gehen warum der Tough Guy® veranstaltet wurde, Geld für Wohltätigkeitszwecke zu sammeln und verlassen damit die kommerzielle OCR-Welt.
Wir werden nun die Mr Mouse Fundraising Events and Training Days auf dem originalen Tough Guy® Course veranstalten um damit Kindern und anderen Benachteiligten zu helfen.
Der Kurs wird weiterhin auf den original Tough Guy Killing Fields sein und die originalen Hindernisse, einschließlich Wasserhindernisse bei allen Events beinhalten. Wir werden die Hindernisse jedoch so anpassen, dass jeder diese innerhalb des Time Limits überwinden kann. Die lange Laufstrecke mit den Rabbit Hills etc. werden gestrichen, so dass die künftigen Rennen kürzer und Hindernis-basiert sind.
Jetzt bauen wir zusätzliche, 15-20 extreme, fast unmögliche Hindernisse um die Mainstream Fernsehsender für das weltweit tougheste OCR Rennen am 2. Juli 2017 zu gewinnen."
Folgende Events sind nun geplant:
- 30.04.2017 - MR MOUSE MUDATHON: Auf 15 Kilometer Länge sind über 350 Hindernisse zu meistern. Darunter auch die neu aufgebauten, extremen Hindernisse die für die Weltmeisterschaft am 02.07. gebaut wurden.
- 02.07.2017 - WORLD'S TOUGHEST ORUNNER CHAMPIONSHIPS: Willkommen zur. Mr. Mouse OCR Weltmeisterschaft! Hier braucht ihr euch nicht zu qualifizieren, aber es wird hart! Ihr müsst 21 Kilometer zurücklegen und dabei ca. 350 Hindernisse bewältigen. Wenn ihr um Preisgeld laufen möchtet, dann müsst ihr alle Hindernisse schaffen und die neuen "unschaffbaren" Hindernisse auch.
- 11.02.2018 - MR MOUSE WAR WITHOUT WEAPONS TO END ALL WARS EVENT 1918-2018: Hier sind ca. 11 Kilometer zu bewältigen, hauptsächlich auf den Killing Fields.
20.144 mal gelesen
Bernhard -
Was für ein Bericht. Aber traurig bin ich schon, dass es diesen Lauf nicht mehr geben wird. Hätte auch mal gern dran teilgenommen.