Bericht zum Harzer Keilerrun 2016

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  • Wenn man so ziemlich jedes Wochenende einen oder manchmal sogar zwei Hindernisläufe bestreitet stumpft man (leider) etwas ab. Jede Laufveranstaltung behauptet in den Slogans, aus irgendwelchen Gründen besonders hart zu sein und und fordert die Läufer auf, genau deshalb dort zu starten. Wenn man dann den direkten Vergleich, ermöglicht durch dutzende von Starts bei verschiedensten Hindernisläufen, durchführt relativieren sich viele Aussagen.

    Schnell kann man als Hindernisläufer eine Klassifizierung in verschiedene Kategorien vornehmen die sicherlich in Nuancen von jedem anders bewertet werden, aber im Grundsatz doch ziemlich gleich ausfallen. Ich persönlich führe eine Liste die ich ganz grob folgendermaßen strukturiert habe.
    Ich teile die Hindernisläufe in folgende Kategorien ein „Extremhindernisläufe“, „Sportlich anspruchsvoll“ und „Einsteigerläufe“.
    Das Braveheartbattle ist definitiv unter „Extremhindernisläufe“ klassifiziert, ein Strong Viking „Beast“ unter „Sportlich anspruchsvoll“ und ein Spartan Race Sprint, Strongmanrun Nürburgring unter „Einsteigerläufe“ drin.

    Und dann gibt es Hindernisläufe die ich im Vorfeld überhaupt nicht einschätzen kann. So habe ich vor einigen Monaten viel über den Harzer Keilerrun gelesen. Die Läufer schwärmten von der Organisation, von der Härte des Laufes und von der Party am Vorabend. Grund genug für mich, dass ich mich dort anmelde. Das war gar nicht so einfach, denn dieser Lauf ist enorm schnell ausverkauft. Durch Glück konnte ich trotzdem einen Startplatz ergattern und so bin ich nach Hörden im Harz angereist.
    Aus familiären Gründen konnte ich leider nicht bei der vielgepriesenen Party am Vorabend mitmachen, allerdings muss diese gigantisch gewesen sein. Viele Läufer mit denen ich vor- und während dem Rennen spreche, schwärmen davon.


    Direkt auf dem Gelände sehe ich dutzende Zelte mit verschlafenen Bewohnern, als ich (kurz nach 8:00 Uhr in der Früh) im Start- und Registrierungsbereich eintreffe. Die „Keilerfährte“ (25km und 60 Hindernisse) startet um 10:30 Uhr. Bereits davor starten die Kinder beim „Ferkelrun“ und eine Stunde später (11:30 Uhr) werden die „Frischlinge“ auf die 12,5km-Distanz mit 30 Hindernissen starten.
    Ich bin für die „Keilerfährte“ angemeldet, muss also die 12,5km lange Strecke zweimal laufen und alle Hindernisse zweimal überwinden.

    Das Eventgelände ist wirklich sehenswert. Eine Vielzahl von Hindernissen sind für Zuschauer und Läufer gut einsehbar, Verpflegungsstände mit bodenständigen Snacks erzeugen einen leckeren Duft und auch an Getränken fehlt es nicht. Ein Stand verkauft Holzschnitzfiguren, ein anderer Plüschschweine (sehr zur Freude der Kinder). Ich habe das Gefühl, dass für Jeden, egal ob Zuschauer oder Läufer, etwas dabei ist.


    Gleich geht´s los, doch davor sind die Kinder (Ferkelrun) dran. Diese müssen zwei Kilometer zurücklegen, doch die Hindernisse sind knackig. Doch wie man Kinder kennt, die kennen keine Angst und meistern ihre Aufgabe hervorragend! Ich bin immer wieder von der Leidenschaft begeistert die Kinder an den Tag legen wenn sie eine Aufgabe haben! Ich kann Eltern immer wieder auffordern "Lasst eure Kinder mitmachen!".


    Tja, die Kinder haben es uns vorgemacht, jetzt stehen wir im Startblock.
    Der Start erfolgt in kleinen Wellen, allerdings sind die Abstände dazwischen gerade mal eine Minute. Der Startschuss knallt und ich laufe im Pulk in überschaubarem Anfangstempo los. Letztes Mal bin ich den ersten Kilometer zu schnell angegangen, das soll mir heute nicht passieren.

    Gleich am Anfang laufen wir viel Trail im Wald, über Wurzeln, unebene Stellen, durch Matschlöcher und nach wenigen Minuten auch das erste Mal durch einen kleinen Bach. Die ersten Baumstammhürden müssen überwunden werden, dann robben wir das erste Mal unter ein paar horizontalen Holzhindernissen hindurch. Es geht relativ easy los, aber die Hindernisse werden immer schwerer und die Strecke gewinnt immer mehr Höhenmeter und immer öfter müssen wir extrem schmale Pfade laufen.
    Uns wird nix geschenkt. An einem Hindernis müssen wir, nachdem wir durch einen Steinbruch schier unendliche Steinberge rauf und runter klettern mussten, in ein Schlammloch tauchen, dann unter einer Plane auftauchen und die wenigen Zentimeter Platz nutzen um Luft zu bekommen, danach wieder unter einer Begrenzung ins Freie tauchen. Ich spüre bereits jetzt, dass meine Ohren voller Schlamm sind. Verdammt, das dauert wieder Tage um die sauber zu machen :)

    Die Trails werden nun immer steiler. Manche Steigungen sind so steil, dass sogar Seile ausgelegt wurden um sie zu stemmen. Eine Schrägwand ist über 3 Meter hoch und nach unten gibt es keine Abstiegshilfe, so dass man einfach springen muss. Langsam realisiere ich, dass ich heute nicht irgend einen Spaßlauf mache sondern einen echten Extremhindernislauf. Natürlich gibt es auch Hindernisse die ich als „Standard“ kenne, Loaded Carries, Wände überwinden etc. Aber es gibt eben auch Hindernisse die alles andere als Standard sind.

    Da wären z.B. die „Fischteiche“. Das ist ein komplettes Areal bei dem man in tiefen Schlammgruben watet, dann springt man von etwa 2,5m Höhe in den Schlamm (und taucht komplett darin ab), dann kommen unzählige Tauchpassagen unter Querhölzern, immer durch den Schlamm. Doch damit nicht genug, zum „Ende“ hin folgen noch 4 Becken die mit Gittern überdeckt sind, an denen man sich, die Nase zum Luftschnappen nach oben gerichtet, hindurchhangeln muss. Die Ohren sind natürlich ständig im Schlamm und der setzt sich dort richtig fest.

    Oder da wäre ein Trail, der über einen Kilometer an einem Schräghang entlanggeht. Man läuft auf ca. 20cm Weg, nach unten geht es mehrere Meter. Einmal danebengetreten und man landet viele Meter weiter unten.

    Oder die „Himmelspforte“, viele, viele Treppen die zu erklimmen sind und die Oberschenkel zum Brennen bringen.
    Oder da wären die Monkeybars die nach oben verlaufen und nicht einfach abgesprungen werden sondern nach denen man durch ein Holzloch krabbeln muss und auf der anderen Seite der Holzwand abspringen muss.

    Diese kleine Auswahl soll nur beispielhaft wiedergeben was bei diesem Hindernislauf gefordert wird. Natürlich kommen noch Meterhohe Heuballen, Stacheldrähte, Stromzungen, „Bunny Hops“ etc. hinzu.

    Na auf alle Fälle laufe ich die erste Runde relativ flott und mir geht es gut, auch wenn ich heute in meiner Leistengegend ein Ziehen spüre. Ich denke, mein Hüftbeuger ist etwas überlastet nach den ganzen Rennen. Nachdem ich auf dem Eventgelände den konzentrierten Hindernisparcour hinter mich gebracht habe, laufe ich in die zweite, 12,5km lange Runde.
    Ich laufe eigentlich ungern zwei identische Runden, aber bei dieser Veranstaltung ist das Gelände so anspruchsvoll und abwechslungsreich, dass mir das nichts ausmacht. Eigentlich ist es mir heute sogar sehr recht, da ich geistig jedes gemeisterte Hindernis abhaken kann und ich relativ früh das Gefühl habe, Richtung Ziel zu laufen, obwohl das noch viele Kilometer entfernt ist.

    Ich tauche wieder durch Schlamm, erklimme Berge und Steinhaufen, schwinge mich über Wände und Holzstämme, robbe unter Hindernissen unten durch und treffe schließlich Martina, eine gute Bekannte die ich aus vielen anderen Rennen bereits kenne. Auch sie hat heute körperliche Probleme, wenn auch mit dem Knie und der Schulter, während mir mein Hüftbeuger immer mehr Probleme bereitet.

    Wir unterhalten uns gut und bringen Hindernis um Hindernis, Kilometer um Kilometer hinter uns. Ich hätte nichtmehr schneller laufen können, sie ebenfalls nicht. Die Fischteiche fordern uns nochmal so richtig, doch dann geht es langsam dem Ziel entgegen. Auch wenn wir beide an den, mittlerweile durch den einsetzenden Regen und den vielen Schlamm komplett rutschigen Monkey Bars scheitern, kommen wir zum finalen Hindernisparcour im Zielbereich.

    Diesen überwinden wir und sind im Ziel! Eeeendlich! Mann war das ein Rennen! Stolz nehme ich meine Medaille in Empfang und bin happy, aber auch sehr müde. Ich bin trotz der Probleme in der Leistengegend im ersten Drittel aller Starter angekommen, das ist für mich ok. Martina ist bei den Damen Gesamtsiebte geworden, Respekt dafür! Ihre beiden Töchter feiern ihre Mama! So soll es sein.


    Fazit:
    Der Harzer Keilerrun ist definitiv kein Spaßlauf sondern ein anspruchsvoller Extremhindernislauf. Dies gilt vor allem für die Keilerfährte, also die Gesamtlänge von 25 Kilometer. Wer Panik bekommt wenn er während dem Tauchen nichts sieht sollte von einer Teilnahme absehen. Wer jedoch einen anspruchsvollen und gut organisierten Extremhindernislauf schätzen kann, der ist beim Harzer Keilerrun genau richtig. Ich werde für nächstes Jahr wieder versuchen einen Startplatz zu ergattern, dann mache ich aber die Party am Vorabend mit!
    Meinen größten Respekt den Veranstaltern für die perfekte Organisation. Die Hindernisse waren alles andere als einfach, aber überall waren Leute die im Notfall für uns Läufer da gewesen wären. Wir wollen es hart, wir bekommen es beim Harzer Keilerrun hart! 8)

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